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Die Debatte um die Zukunft Europas, bezahlbares Wohnen, kommunale Infrastruktur und soziale Reformen spitzt sich zu: Während Thüringens Europaminister Stefan Gruhner (CDU) eine stärkere Mitsprache der Regionen beim EU-Finanzrahmen fordert, wollen die Grünen mit schärferen Mietgesetzen gegen steigende Wohnkosten vorgehen. In Wuppertal und Haan eskaliert der Streit um einen Gehweg, Niedersachsen steht vor einem Führungswechsel und finanziellen Herausforderungen. Zugleich werden neue Impulse für Pflegegeld, Rentenversicherung und Migrationspolitik gesetzt. Der Pressespiegel beleuchtet die aktuellen politischen Kontroversen und Weichenstellungen in Bund, Ländern und Kommunen.
Europa braucht starke Regionen: Stefan Gruhner (CDU) fordert Mitsprache der Länder beim EU-Finanzrahmen
Stefan Gruhner, Thüringer Europaminister und Vorsitzender der Europaministerkonferenz der deutschen Länder, betont in einem Gastbeitrag die Bedeutung der Regionen für die Zukunft Europas. Im Fokus steht der nächste mehrjährige Finanzrahmen (MFR) der EU für die Jahre 2028 bis 2034, der derzeit in Brüssel vorbereitet wird. Die Europäische Kommission hat im Februar eine Mitteilung vorgelegt, die erstmals vorsieht, dass zentrale nationale Reform- und Investitionspläne („Single Plans“) das Rückgrat der EU-Finanzarchitektur bilden sollen. Gruhner warnt, dass dies zu einer technokratischen Verengung führen könnte, wenn regionale Perspektiven untergeordnet werden.
Die deutschen Länder, insbesondere die ostdeutschen, fordern daher eine stärkere Mitsprache in Brüssel. Am 11. April 2025 hat der Bundesrat einen entsprechenden Beschluss verabschiedet. Die Länder pochen auf das Mehrebenenprinzip und betonen, dass Subsidiarität und Partnerschaft tragende Säulen der europäischen Demokratie sind. Besonders für strukturschwächere Regionen wie Ostdeutschland seien Kohäsionspolitik und Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) essenziell für gleichwertige Lebensverhältnisse und sozialen Frieden. Die Länder fordern mindestens gleichbleibende Mittel für die Kohäsionspolitik zuzüglich Inflationsausgleich sowie die Beibehaltung der drei bewährten Regionenkategorien.
Auch bei der innerstaatlichen Verteilung möglicher „Single Plan“-Mittel müsse gelten, dass wirtschaftlich schwächere Regionen stärker berücksichtigt werden. Die Länder setzen sich zudem für den Erhalt des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) ein. Gruhner fordert praxisnahe Verfahren, planbare Regeln und eine neue Kultur des Vertrauens in Europa. Er betont, dass Europas Zukunft nicht nur in Brüssel, sondern vor Ort in den Regionen entsteht.
- Der nächste EU-Finanzrahmen (2028–2034) wird vorbereitet.
- Die Länder fordern Mitsprache und warnen vor Zentralismus.
- Kohäsionspolitik und GAP sind für strukturschwache Regionen unverzichtbar.
- Mindestens gleichbleibende Mittel für Kohäsion und Inflationsausgleich werden gefordert.
Infobox: Die Länder wollen an der Gestaltung des EU-Finanzrahmens beteiligt werden und fordern den Erhalt bewährter Förderinstrumente für Regionen. (Quelle: Frankfurter Rundschau)
Grüne fordern schärferes Mietrecht und Bußgelder bis 100.000 Euro
Die Grünen-Fraktion im Bundestag plant einen eigenen Gesetzentwurf zur Eindämmung steigender Mietpreise. Laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ soll das „Faire-Mieten-Gesetz“ unter anderem die Mietpreisbremse verschärfen: Künftig sollen Mieterhöhungen nur noch um neun Prozent innerhalb von drei Jahren möglich sein, bislang sind es bis zu 15 Prozent. Das Instrument der Mietpreisbremse soll zudem dauerhaft gelten. Eigenbedarfskündigungen sollen erschwert, Indexmieten stärker begrenzt und Bußgelder für Mietwucher von 50.000 auf 100.000 Euro verdoppelt werden. Auch die Vermietung möblierten Wohnraums soll strenger reguliert werden.
Die Grünen warnen vor den gesellschaftlichen Folgen des Mietenproblems. Der Bundestagsabgeordnete Till Steffen bezeichnet die Situation als „sozialen Sprengstoff“, wenn Menschen aus ihren Wohnquartieren verdrängt werden. Die Partei will mit dem Gesetzentwurf ein deutliches Signal gegen steigende Mieten setzen.
Maßnahme | Bisher | Geplant |
---|---|---|
Max. Mieterhöhung in 3 Jahren | 15 % | 9 % |
Bußgeld für Mietwucher | 50.000 € | 100.000 € |
Infobox: Die Grünen wollen mit einem eigenen Gesetzentwurf die Mietpreisbremse verschärfen, Bußgelder erhöhen und Eigenbedarfskündigungen erschweren. (Quelle: WELT)
Streit um Gehweg am Wibbelrather Weg: Wuppertal und Haan uneins
Der Wibbelrather Weg, der zur Hälfte auf Wuppertaler und zur Hälfte auf Haaner Stadtgebiet liegt, ist seit Jahren ein Streitpunkt zwischen den beiden Städten. Die Stadt Haan fordert weiterhin den Bau eines abgetrennten Gehwegs, der aus ihrer Sicht nur auf Wuppertaler Seite möglich wäre. Die Wuppertaler Verwaltung lehnt dies jedoch ab. Bereits 2018 hatte Haan angekündigt, den Weg an der Stadtgrenze mit Pollern zu sperren, was jedoch von der Bezirksregierung gestoppt wurde.
Die Forderung nach einem Gehweg wurde durch eine aktuelle Verkehrszählung der Stadt Haan neu entfacht. Demnach habe die Zahl der Autos an der Stadtgrenze stark zugenommen, was auch auf ein neues Wohngebiet auf Wuppertaler Seite zurückgeführt wird. Haan hat deshalb erneut die Bezirksregierung eingeschaltet, um Druck auf Wuppertal auszuüben. Die Wuppertaler Verwaltung weist die Kritik in einer ausführlichen Stellungnahme zurück.
- Wibbelrather Weg liegt auf beiden Stadtgebieten.
- Haan fordert Gehweg auf Wuppertaler Seite.
- Verkehrszählung zeigt Zunahme des Autoverkehrs.
- Bezirksregierung wurde eingeschaltet.
Infobox: Der Streit um den Gehweg am Wibbelrather Weg bleibt ungelöst, trotz gestiegener Verkehrsbelastung und Einschaltung der Bezirksregierung. (Quelle: Westdeutsche Zeitung)
Stephan Weil geht, Olaf Lies kommt: Wechsel an der Spitze Niedersachsens
Stephan Weil (SPD) ist nach zwölf Jahren und drei Monaten als Ministerpräsident von Niedersachsen zurückgetreten. Seine Amtszeit verteilte sich auf 147 Monate, 639 Wochen oder 4473 Tage. Olaf Lies (SPD) soll als 13. Ministerpräsident Niedersachsens gewählt werden. Weils Rücktritt erfolgt zur Mitte der Legislaturperiode, wodurch er auf den Rekord der längsten Amtszeit verzichtet. Die Bilanz seiner Regierungsjahre ist gemischt: Während seiner Amtszeit gab es unter anderem eine vorzeitige Neuwahl nach dem Wechsel einer Grünen-Abgeordneten zur CDU und eine Große Koalition, die Weil nicht favorisierte.
Die Steuereinnahmen in Niedersachsen steigen laut Mai-Steuerschätzung von 35,9 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 39,3 Milliarden Euro bis zum Ende des Jahrzehnts. Dennoch klafft eine Finanzlücke von 1,3 Milliarden Euro bis 2029, was auf die schwache Wirtschaft und Änderungen im Steuerrecht zurückgeführt wird. Finanzminister Gerald Heere fordert die Bundesregierung auf, das geplante Milliardenpaket für Länder und Kommunen zügig umzusetzen und die Schuldenbremse für Länder zu lockern.
- Stephan Weil war 12 Jahre und 3 Monate Ministerpräsident.
- Olaf Lies soll 13. Ministerpräsident werden.
- Steuereinnahmen steigen von 35,9 auf 39,3 Milliarden Euro bis 2029.
- Finanzlücke von 1,3 Milliarden Euro bis 2029.
Infobox: Nach dem Rücktritt von Stephan Weil steht Olaf Lies als neuer Ministerpräsident Niedersachsens bereit. Das Land sieht sich mit einer Finanzlücke von 1,3 Milliarden Euro bis 2029 konfrontiert. (Quelle: HAZ)
Weitere politische Entwicklungen: Pflegegeld, Rentenversicherung und Migrationspolitik
Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) will ein Pflegegeld als Lohnersatz für pflegende Angehörige einführen. Sie betont, dass Pflege angesichts des demografischen Wandels nicht allein von Fachkräften geleistet werden könne. Es gebe verschiedene Möglichkeiten für die Ausgestaltung, etwa bei Bezugsdauer, Höhe oder sozialer Staffelung des Pflegegelds.
Der Paritätische Gesamtverband unterstützt den Vorschlag, dass neue Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollen. Hauptgeschäftsführer Joachim Rock bezeichnet das Mehrklassensystem der Altersversorgung als „weder gerecht noch nachhaltig“ und fordert ein einheitliches System für alle Erwerbstätigen.
In der Migrationspolitik sieht CDU-Innenpolitiker Alexander Throm erste Erfolge durch verschärfte Grenzkontrollen und Zurückweisungen. Die Gewerkschaft der Polizei warnt jedoch, dass die intensiven Kontrollen nur noch einige Wochen aufrechterhalten werden können, da Dienstpläne umgestellt und Fortbildungen ausgesetzt wurden.
- Pflegegeld als Lohnersatz für Angehörige geplant.
- Vorschlag: Neue Beamte sollen in Rentenkasse einzahlen.
- Verschärfte Grenzkontrollen zeigen Wirkung, sind aber zeitlich begrenzt durchführbar.
Infobox: Neue Sozialleistungen für pflegende Angehörige und Reformen in der Altersversorgung werden diskutiert. Die Migrationspolitik setzt auf verschärfte Grenzkontrollen, deren Dauer jedoch begrenzt ist. (Quellen: WELT, Tagesspiegel)
Einschätzung der Redaktion
Die Forderung nach einer stärkeren Mitsprache der Regionen im EU-Finanzrahmen unterstreicht die Notwendigkeit, regionale Besonderheiten und Bedarfe in der europäischen Politikgestaltung nicht zu vernachlässigen. Gerade für strukturschwächere Gebiete ist die Sicherung und Weiterentwicklung bewährter Förderinstrumente wie der Kohäsionspolitik und der Gemeinsamen Agrarpolitik von zentraler Bedeutung, um gleichwertige Lebensverhältnisse und sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten. Eine technokratische Zentralisierung birgt das Risiko, regionale Entwicklungspotenziale zu übersehen und die Akzeptanz europäischer Entscheidungen vor Ort zu schwächen. Die Einbindung der Länder und Regionen in die Ausgestaltung des EU-Finanzrahmens ist daher nicht nur ein Gebot der Subsidiarität, sondern auch ein entscheidender Faktor für die Zukunftsfähigkeit und Stabilität Europas.
- Starke regionale Mitsprache stärkt demokratische Legitimation und Akzeptanz.
- Bewährte Förderinstrumente sind für strukturschwache Regionen unverzichtbar.
- Eine technokratische Verengung könnte regionale Entwicklungschancen beeinträchtigen.
Quellen:
- Stefan Gruhner (CDU): Europa braucht Vertrauen in seine Regionen
- „Bußgelder für Vermieter bis 100.000 Euro“ – Grüne attackieren Regierung mit eigenem Gesetzentwurf
- Stadt Wuppertal und die Politik weisen Kritik aus Haan zurück [WZ+]
- Alle Artikel in „Politik“ vom 20.05.2025
- Newsletter Politik in Niedersachsen: Der Unvollendete: Weil geht, Lies kommt
- News am Morgen – Nachrichten vom 20. Mai 2025