Schlitz klagt gegen Zensus, Richterwahl vertagt, Polens Justiz und Thiel im Fokus
Autor: Politik-Ratgeber Redaktion
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Kategorie: News
Zusammenfassung: Der Pressespiegel beleuchtet juristische Klagen gegen den Zensus, parteipolitische Blockaden bei Richterwahlen und Zweifel an Polens Rechtsstaatlichkeit.
Juristische Klagen gegen den Zensus, parteipolitische Blockaden bei der Richterwahl, Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit in Polen, der Einfluss von Tech-Milliardären auf die US-Politik, neue Einbürgerungsdebatten und Berlins Abschied von der Haushaltsdisziplin: Der aktuelle Pressespiegel beleuchtet zentrale politische Konfliktlinien und zeigt, wie nationale und internationale Entwicklungen die politische Landschaft prägen.
Schlitz klagt gegen Zensus – Widerstand gegen Volkszählung wächst
Die Stadt Schlitz in Hessen hat sich dazu entschlossen, juristisch gegen den Zensus vorzugehen. Damit reiht sie sich in eine wachsende Zahl von Kommunen ein, die die Ergebnisse der Volkszählung anfechten. Wie hessenschau.de berichtet, ist Schlitz nicht die erste Stadt, die diesen Schritt geht: Auch Gießen und Hanau haben bereits Klagen eingereicht. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Berechnungsmethoden und die daraus resultierenden finanziellen Auswirkungen für die Kommunen.
Die Städte befürchten, dass sie durch die Zensus-Ergebnisse weniger Geld aus dem kommunalen Finanzausgleich erhalten. Die Klagen könnten Signalwirkung für weitere Kommunen haben, die sich benachteiligt fühlen. Die Landesregierung beobachtet die Entwicklung aufmerksam, da die Auseinandersetzungen auch Auswirkungen auf die Verteilung von Landesmitteln haben könnten.
- Schlitz schließt sich Klagewelle gegen Zensus an
- Berechnungsmethoden und finanzielle Folgen im Fokus
- Weitere Kommunen könnten folgen
„Das steckt hinter den Zensus-Klagen von Städten wie Gießen und Hanau“, so hessenschau.de.
Infobox: Immer mehr hessische Städte gehen juristisch gegen die Ergebnisse des Zensus vor, da sie finanzielle Nachteile befürchten. Die Klagewelle könnte sich weiter ausbreiten.
Bundesverfassungsgericht: Wegner kritisiert geplatzte Richterwahl
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat die gescheiterte Wahl von drei Richtern am Bundesverfassungsgericht kritisiert. Wie SZ.de berichtet, bemängelte Wegner, dass die Besetzung der Richterstellen „keine Meisterleistung“ gewesen sei. Er forderte, dass wichtige Personalien im Vorfeld vertraulich besprochen und getroffene Verabredungen eingehalten werden müssten.
Wegner warnte davor, die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts parteipolitischen Interessen zu unterordnen. Am 11. Juli hatte der Bundestag die Wahl von drei Richtern mit den Stimmen von Linken, Grünen, SPD und Union vertagt. Die Union hatte Günter Spinner vorgeschlagen, die SPD die Jura-Professorinnen Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold. Gegen Brosius-Gersdorf gab es in der CDU/CSU Vorbehalte, unter anderem wegen ihrer Haltung zur Impfpflicht und zu Abtreibungen.
- Wegner fordert Verlässlichkeit bei Richterwahlen
- Parteipolitik soll bei Besetzung des Bundesverfassungsgerichts keine Rolle spielen
- Wahl von drei Richtern am 11. Juli vertagt
„Es geht hier um die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts – also einer Institution von herausragender Bedeutung in diesem Land. Das Bundesverfassungsgericht sollte nicht in parteipolitische Auseinandersetzungen hineingezogen werden.“ (Kai Wegner, laut SZ.de)
Infobox: Die Wahl von drei Verfassungsrichtern wurde vertagt, da parteipolitische Differenzen und Vorbehalte gegen Kandidaten eine Einigung verhinderten.
Polens Justizsystem: Folgen des PiS-Umbaus und Zweifel an Wahlergebnissen
Der Umbau des polnischen Justizsystems durch die nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) wirkt sich weiterhin massiv auf das Land aus. Wie WELT berichtet, hat das Oberste Gericht Polens am 1. Juli die Präsidentschaftswahl trotz mehr als 50.000 Beschwerden anerkannt. Karol Nawrocki, der PiS-Kandidat, gewann die Stichwahl am 1. Juni mit 50,9 Prozent der Stimmen gegen Rafal Trzaskowski, der 49,1 Prozent erhielt – ein Unterschied von rund 370.000 Stimmen.
Das Gericht ordnete lediglich dreizehn Neuauszählungen bei mehr als 30.000 Wahllokalen an. Obwohl Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden, sah das Gericht keine systematische Manipulation. Dennoch bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl, da das Vertrauen in die Gerichte durch den PiS-Justizumbau stark gelitten hat. Der Europäische Gerichtshof urteilte 2023, dass die „Kammer für außerordentliche Kontrolle und öffentliche Angelegenheiten“ am Obersten Gericht kein unabhängiges Gericht sei.
| Stimmenanteil Nawrocki | Stimmenanteil Trzaskowski | Stimmenunterschied | Anzahl Beschwerden | Neuauszählungen |
|---|---|---|---|---|
| 50,9 % | 49,1 % | ca. 370.000 | über 50.000 | 13 |
- PiS besetzte Gerichte mit Loyalisten („Neo-Richter“)
- Rund 3.000 Richter betroffen, Millionen Rechtsakte potenziell anfechtbar
- EuGH: Kammer am Obersten Gericht ist nicht unabhängig
„Dass ausgerechnet diese Kammer das Wahlergebnis für rechtens erklärt hat, muss einem aufstoßen“, so Experte Jakub Jaraczewski laut WELT.
Infobox: Die polnische Justiz gilt als politisiert und kompromittiert. Die Anerkennung der Wahl durch eine umstrittene Kammer verstärkt die Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit.
Peter Thiel, JD Vance und der Kampf gegen den „Antichrist“
Der Tech-Milliardär Peter Thiel und der US-Vizepräsident JD Vance verbinden technologische Innovation mit christlich-konservativen Ideen. Wie die NZZ berichtet, sieht Thiel in „woken“ Ideen und einer autoritären Weltregierung den modernen Antichristen, der aus der biblischen Apokalypse stammt. Thiel diskutiert mit Intellektuellen wie dem Theologen Wolfgang Palaver über das Konzept des Katechons – die Macht, die das Chaos aufhält – und sieht in der Verbindung von Religion und Technologie einen Weg, die Zivilisation zu retten.
Thiel und Vance investieren gemeinsam, unter anderem 40 Millionen Dollar in die katholische Gebets-App „Hallow“, die mit 23 Millionen Downloads die Nummer eins ist. 2022 zahlte Thiel 15 Millionen Dollar für Vances Kandidatur als Senator. Thiel kritisiert die Verlangsamung des Fortschritts seit den 1970er Jahren und sieht die Mittelklasse unter technologischer Stagnation und Globalisierung leiden. Für ihn steht Greta Thunberg als Symbol für den modernen Antichristen, da ihr Protest gegen Klimawandel und Wirtschaftswachstum den Fortschritt behindere.
- Thiel und Vance verbinden christliche Rückbesinnung mit technologischem Fortschritt
- 40 Millionen Dollar Investition in Gebets-App „Hallow“
- 15 Millionen Dollar für Vances Senatskandidatur
- Kritik an globaler Klasse und „woken“ Ideen
„Wir müssen die gegenwärtige amerikanische Elite vollständig ersetzen, herausreißen wie einen Tumor, und das Bewusstsein für eine amerikanische politische Religion wiedererwecken.“ (JD Vance, laut NZZ)
Infobox: Peter Thiel und JD Vance prägen die US-Politik mit einer Mischung aus religiösem Konservatismus und technologischem Fortschrittsglauben. Ihre Investitionen und Ideen haben erheblichen Einfluss auf die politische Landschaft.
Einbürgerungspraxis: Bekenntnis zu Israel als Voraussetzung?
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hält es für überlegenswert, die Anerkennung des Existenzrechts Israels als Voraussetzung für die Einbürgerung einzuführen. Wie SZ.de berichtet, orientiert sich Wegner dabei an Brandenburg, wo seit Anfang Juni neben dem Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung auch die Anerkennung des Existenzrechts Israels Bedingung für die Einbürgerung ist.
Brandenburgs Innenminister René Wilke betonte, dass es nicht darum gehe, alle Entscheidungen der israelischen Regierung zu akzeptieren, sondern um das grundsätzliche Existenzrecht des Staates. Nach deutschem Staatsangehörigkeitsrecht ist bereits ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und zur besonderen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft Voraussetzung für die Einbürgerung.
- Brandenburg verlangt seit Juni Bekenntnis zu Israels Existenzrecht
- Wegner will Austausch mit SPD über Einführung in Berlin
- Grundsätzliches Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bereits Pflicht
Infobox: Berlin prüft, ob das Bekenntnis zum Existenzrecht Israels künftig Voraussetzung für die Einbürgerung wird – nach dem Vorbild Brandenburgs.
Berliner Haushalt: Konsolidierung aufgegeben – Politik auf Pump
Der Berliner Senat hat laut Tagesspiegel die Konsolidierung des Haushalts aufgegeben und setzt stattdessen auf neue Schulden. Trotz sinkender Steuereinnahmen wird der Entwurf für den Doppelhaushalt 2026 und 2027 vorgestellt, ohne dass größere Einsparungen geplant sind. Der im Koalitionsvertrag vereinbarte Konsolidierungskurs wurde damit zu den Akten gelegt.
Die Autorin des Artikels kritisiert, dass das Leben über die eigenen Verhältnisse zur gewohnheitsmäßigen Praxis geworden ist. Die berühmte schwäbische Hausfrau, einst Symbol für Haushaltsdisziplin, habe ausgedient. Wer heute noch Haushaltsdisziplin einfordert, werde schnell als gestrig bezeichnet.
- Berliner Senat verabschiedet sich von Haushaltskonsolidierung
- Neue Schulden trotz sinkender Steuereinnahmen
- Kritik an fehlender Haushaltsdisziplin
Infobox: Der Berliner Senat setzt auf neue Schulden und gibt die Konsolidierung des Haushalts auf – ein Trend, der bundesweit zu beobachten ist.
Einschätzung der Redaktion
Die juristische Anfechtung des Zensus durch immer mehr Kommunen ist ein deutliches Signal für das wachsende Misstrauen gegenüber staatlichen Erhebungsmethoden und deren finanziellen Konsequenzen. Die Klagewelle zeigt, dass die Akzeptanz zentraler Verwaltungsakte nicht mehr selbstverständlich ist, wenn sie spürbare Auswirkungen auf die kommunale Finanzlage haben. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, droht eine Erosion des Vertrauens in die Verteilung staatlicher Mittel und eine Zunahme gerichtlicher Auseinandersetzungen zwischen Kommunen und Landesbehörden. Das könnte nicht nur die Handlungsfähigkeit der Verwaltung beeinträchtigen, sondern auch die politische Debatte über die Legitimität und Transparenz von Datenerhebungen und Finanzausgleichssystemen verschärfen.
Infobox: Die Klagen gegen den Zensus markieren eine neue Stufe des Widerstands kommunaler Akteure gegen zentrale Verwaltungsentscheidungen und könnten weitreichende Folgen für das Verhältnis zwischen Kommunen und Landesregierung haben.
Quellen:
- Auch Schlitz geht juristisch gegen Zensus vor
- Bundesverfassungsgericht - Wegner kritisiert geplatzte Verfassungsrichterwahl - Politik - SZ.de
- PiS: Wie die polnischen Gerichte zum Instrument der Politik wurden
- Peter Thiel und JD Vance: Tech, Politik und der Kampf gegen den Antichrist
- Einbürgerungspraxis - Wegner: Bekenntnis zu Israel gehört zur Einbürgerung - Politik - SZ.de
- Eine Politik-Show auf Pump Der Berliner Senat hat die Haushalts-Konsolidierung aufgegeben