Russland sagt Militärschau ab, Berlin streitet über Enteignung, EU debattiert Misstrauen
Autor: Politik-Ratgeber Redaktion
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Kategorie: News
Zusammenfassung: Russland sagt die Militärschau „Army-2025“ ab, Berlin streitet über Enteignungen, Klitschko kritisiert Selenskyj und Deutschland kämpft mit Geburtenrückgang.
Russland sagt überraschend die prestigeträchtige Militärschau „Army-2025“ ab, Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner positioniert sich klar gegen Enteignungen, und in Kiew spricht Vitali Klitschko offen über das angespannte Verhältnis zu Präsident Selenskyj. Während Deutschland mit einem dramatischen Geburtenrückgang ringt, zieht Wolfgang Schmidt ein kritisches Fazit zur Ampel-Koalition. Zudem zeigt eine Analyse, wie russische Desinformation die Vertrauensabstimmung gegen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen beeinflusste. Der Pressespiegel beleuchtet die Hintergründe und politischen Kontroversen dieser Entwicklungen.
Russland sagt große Militärschau im August ab
Das russische Verteidigungsministerium hat das für August geplante internationale militärtechnische Forum „Army-2025“ samt der traditionellen Waffenschau abgesagt. Wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf die Organisatoren meldet, wird die Veranstaltung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Gründe für die Absage wurden nicht genannt, ein neues Datum steht ebenfalls noch aus. Die Ausstellung, die vom 11. bis 14. August im Militärpark Patriot nahe Moskau stattfinden sollte, war als wichtigste Präsentationsplattform für das russische Verteidigungsministerium vorgesehen.
Laut der Webseite des Forums wurden mehr als 1.500 Teilnehmer und eine Ausstellung von über 28.000 Exponaten erwartet. Im vergangenen Jahr waren Delegationen aus mehr als 100 Ländern eingeladen. Die seit 2015 organisierte Fachmesse gilt als bedeutende Bühne für militärische Neuentwicklungen, darunter auch Drohnen. Im Moskauer Gebiet werden nach Angaben des Verteidigungsministeriums inzwischen fast täglich ukrainische Drohnen abgeschossen, was immer wieder zu Einschränkungen im Luftverkehr führt. Zudem ist Russland weiterhin im Angriffskrieg gegen die Ukraine gebunden. Präsident Wladimir Putin hatte trotz des Krieges angeordnet, dass die russische Rüstungsindustrie ihre vertraglichen Verpflichtungen bei Waffenlieferungen an andere Staaten weiterhin erfüllen müsse.
| Geplante Teilnehmer | Geplante Exponate | Letztes Jahr eingeladene Länder |
|---|---|---|
| 1.500+ | 28.000+ | 100+ |
Infobox: Die Absage der Militärschau „Army-2025“ betrifft eine der wichtigsten Rüstungspräsentationen Russlands. Sicherheitsbedenken und die Bindung im Ukraine-Krieg könnten eine Rolle spielen. (Quelle: SZ.de)
Vergesellschaftungsdebatte in Berlin: Wegner lehnt Enteignungen ab
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat sich klar gegen Enteignungen im Rahmen des geplanten Vergesellschaftungsgesetzes ausgesprochen. „Mit mir wird es keine Enteignungen geben“, erklärte Wegner auf der Plattform X. Er betonte, dass die Enteignungsdebatte Berlin schade, Investoren verunsichere, das Vertrauen in den Standort untergrabe und Arbeitsplätze gefährde. Im Koalitionsvertrag 2023 hatten sich CDU und SPD auf ein Vergesellschaftungsrahmengesetz verständigt. Ende Juni einigten sich die Fraktionsvorstände auf Eckpunkte, und die SPD hat inzwischen einen Gesetzesentwurf erarbeitet.
Der Entwurf basiert auf Artikel 15 des Grundgesetzes, der die Vergesellschaftung von Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmitteln zum Zwecke des Gemeinwohls ermöglicht. Laut „Bild“-Zeitung sieht der Entwurf eine „Vergesellschaftungsbehörde“ vor, und die Entschädigung für Eigentümer könnte unter dem Verkehrswert liegen. Das Gesetz soll frühestens zwei Jahre nach Verkündung in Kraft treten. Die genaue Nutzung des Gesetzes ist zwischen CDU und SPD umstritten. SPD-Fraktionschef Raed Saleh sieht darin eine Möglichkeit zur sozialen Marktregulierung und Mietendeckelung, was CDU-Fraktionschef Dirk Stettner ablehnt. Der Gesetzentwurf ist eine Reaktion auf den Volksentscheid von 2021, bei dem gut 59 Prozent der teilnehmenden Wählerinnen und Wähler für die Vergesellschaftung von Immobilienunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen stimmten.
- Koalitionsvertrag 2023: Einigung auf Vergesellschaftungsrahmengesetz
- Gesetzesentwurf basiert auf Artikel 15 GG
- Volksentscheid 2021: 59 % für Vergesellschaftung großer Immobilienunternehmen
Infobox: Der Berliner Senat arbeitet an einem Vergesellschaftungsgesetz, das frühestens in zwei Jahren greifen könnte. Die CDU lehnt Enteignungen strikt ab, während die SPD soziale Regulierungsmöglichkeiten sieht. (Quelle: SZ.de)
Schwieriger Kontakt zu Selenskyj: Vitali Klitschko äußert sich
Der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, hat sich zum schwierigen Verhältnis zwischen ihm und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geäußert. In einem Interview erklärte Klitschko, es sei ihm „peinlich, darüber zu sprechen“, wie schwierig der Kontakt zu Selenskyj sei. Klitschko betonte, dass es in der aktuellen Situation wichtig sei, gemeinsam für das Land zu arbeiten, und dass persönliche Differenzen in den Hintergrund treten müssten.
Vitali Klitschko: „Es ist mir peinlich, darüber zu sprechen.“
Klitschko äußerte sich auch zu politischen Plänen und äußerte Unverständnis über eine von Donald Trump ins Spiel gebrachte 50-Tage-Frist für Wladimir Putin. Er betonte, dass die Ukraine weiterhin auf internationale Unterstützung angewiesen sei und dass die politische Führung des Landes geschlossen auftreten müsse.
Infobox: Vitali Klitschko spricht offen über die schwierige Kommunikation mit Präsident Selenskyj und betont die Notwendigkeit gemeinsamer Anstrengungen für die Ukraine. (Quelle: Ntv)
Geburtenrückgang in Deutschland: Ursachen und politische Verantwortung
Deutschland erlebt einen anhaltenden Geburtenrückgang, der besonders in Großstädten wie Berlin deutlich wird. In Berlin liegt die Geburtenrate bei nur 1,2 Kindern pro Frau – bundesweit der niedrigste Wert. Die Ursachen sind vielfältig: fehlende kinderfreundliche Gesetze, unzureichende Vaterschaftsurlaube, und gesellschaftliche wie wirtschaftliche Unsicherheiten. Der Mutterschutz in Deutschland umfasst sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt bei vollem Lohn, während Bulgarien Müttern 58 Wochen lang 90 Prozent des Gehalts zahlt.
Seit der Deutschen Einheit gab es drei Wellen des Geburtenrückgangs: 1990 bis 1995 sank die Geburtenrate im Osten von 1,6 auf 0,8 Kinder pro Frau, von 1998 bis 2011 folgte ein weiterer Rückgang, und seit 2017 geht die Zahl der Geburten erneut zurück. 2024 wurden 25 Prozent weniger Kinder geboren als 1990. Frankreich investiert jährlich 90 Milliarden Euro – mehr als vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts – in Familienpolitik und erreicht eine Geburtenrate von 1,83 Kindern pro Frau, während Deutschland bei 1,35 liegt.
| Land | Geburtenrate (Kinder/Frau) | Elternpolitik-Ausgaben | Mutterschutz |
|---|---|---|---|
| Deutschland | 1,35 | - | 6 Wochen vor, 8 Wochen nach Geburt (voller Lohn) |
| Frankreich | 1,83 | 90 Mrd. € (4 % BIP) | - |
| Bulgarien | - | - | 58 Wochen (90 % Gehalt) |
| Berlin | 1,2 | - | - |
In Berlin verschärft sich die Situation durch den angespannten Wohnungsmarkt und fehlende Kitaplätze. Seit 2017 ist die Zahl der Geburten rückläufig, und 2024 wurden 25 Prozent weniger Kinder geboren als 1990. Viele junge Paare verzichten auf weitere Kinder oder ziehen ins Umland. Die Gesellschaft versäumt es, Kinder ins Zentrum des Handelns zu stellen, was die Rentenfinanzierung langfristig gefährdet.
Infobox: Die Geburtenrate in Berlin ist mit 1,2 Kindern pro Frau bundesweit am niedrigsten. Ursachen sind unter anderem fehlende familienfreundliche Politik und ein angespannter Wohnungsmarkt. (Quelle: Berliner Zeitung)
Wolfgang Schmidt über das Leben nach der Politik
Wolfgang Schmidt, langjähriger Weggefährte von Bundeskanzler Olaf Scholz, hat in einem Interview über sein Leben nach der aktiven Politik gesprochen. Er berichtete, dass er Scholz seit Mai nur zweimal gesehen habe. Schmidt blickt auf über zwei Jahrzehnte an der Seite des Kanzlers zurück und äußerte sich auch zur Arbeit der Ampel-Koalition. Er sagte: „Wir sind erfolgreich gescheitert.“
Schmidt reflektiert damit die Herausforderungen und Erfolge der Regierungsarbeit und gibt einen Einblick in die persönlichen Veränderungen nach dem Ausscheiden aus der aktiven Politik.
Infobox: Wolfgang Schmidt sieht den Kontakt zu Olaf Scholz nach seinem Ausscheiden aus der Politik deutlich reduziert und zieht ein kritisches Fazit zur Ampel-Koalition. (Quelle: Hamburger Abendblatt)
Russland befeuerte Vertrauensabstimmung gegen Ursula von der Leyen
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) überstand vor gut einer Woche einen Misstrauensantrag im EU-Parlament, der überwiegend von extrem rechten Politikern, darunter AfD- und BSW-Abgeordnete aus Deutschland, eingereicht wurde. Die Organisation Debunk.org, spezialisiert auf die Analyse russischer Desinformation, stellte fest, dass kremlnahe Medien, Blogger und Influencer massiv Unterstützung für den Misstrauensantrag leisteten. Debunk.org wertete 284 Artikel von kremlnahen Onlinemedien aus. In 35 Prozent der Artikel wurde das Narrativ verbreitet, nur der Abgang von der Leyens könne Europa retten. Weitere Narrative waren Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit der Impfstoffbeschaffung und die Darstellung von der Leyen als nicht demokratisch legitimierte Autokratin.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán postete auf X eine Fotomontage mit der Aufschrift „Time to go“, die mehr als vier Millionen Views und etwa 20.000 Reposts erreichte. Auch EU-Abgeordnete griffen die Narrative auf, in Deutschland vor allem AfD- und BSW-Abgeordnete. Im EU-Parlament stimmten 175 Abgeordnete für den Misstrauensantrag, 360 dagegen, 18 enthielten sich.
| Abgeordnete für Misstrauensantrag | Abgeordnete dagegen | Enthaltungen | Analysierte Artikel (Debunk.org) | Hauptnarrativ |
|---|---|---|---|---|
| 175 | 360 | 18 | 284 | Nur der Abgang von der Leyens könne Europa retten (35 %) |
Gegen von der Leyen gibt es Korruptionsvorwürfe hinsichtlich der Impfstoffbeschaffung während der Coronapandemie, insbesondere weil sie den SMS-Austausch mit Pfizer-Chef Albert Bourla nicht öffentlich machen will. Der Europäische Gerichtshof hatte sie deshalb gerügt, Belege für eine Amtsverletzung gibt es jedoch nicht.
Infobox: Die Vertrauensabstimmung gegen Ursula von der Leyen wurde von russischer Desinformation begleitet. 175 Abgeordnete stimmten für den Misstrauensantrag, 360 dagegen. (Quelle: Spiegel)
Einschätzung der Redaktion
Die kurzfristige Absage der russischen Militärschau „Army-2025“ ist ein deutliches Signal für die aktuellen Herausforderungen Russlands im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich. Die Verschiebung einer der wichtigsten Rüstungspräsentationen des Landes ohne Angabe von Gründen lässt auf erhebliche interne Belastungen schließen, die sowohl die militärische als auch die außenpolitische Handlungsfähigkeit beeinträchtigen könnten. Die Unsicherheit über einen neuen Termin und die fehlende Kommunikation deuten auf eine angespannte Lage hin, die das internationale Ansehen der russischen Rüstungsindustrie schwächt und potenzielle Partner sowie Kunden verunsichern dürfte. Die Absage unterstreicht zudem, wie stark die innenpolitische und militärische Situation Russlands durch den anhaltenden Krieg gegen die Ukraine und die damit verbundenen Sicherheitsrisiken geprägt ist.
- Absage schwächt internationale Wahrnehmung russischer Rüstung
- Interne Belastungen und Sicherheitsrisiken werden sichtbar
- Verunsicherung bei Partnern und Kunden wahrscheinlich
Quellen:
- Verteidigungsministerium - Russland sagt große Militärschau für August ab - Politik - SZ.de
- Vergesellschaftungsdebatte - Wegner: „Mit mir wird es keine Enteignungen geben“ - Politik - SZ.de
- Schwieriger Kontakt zu Selenskyj: Vitali Klitschko ist es "peinlich, darüber zu sprechen"
- Rentnerrepublik Deutschland: Die Politik ist selbst schuld, dass es kaum mehr Nachwuchs gibt
- Wolfgang Schmidt über Leben nach der Politik: „Scholz habe ich seit Mai zweimal gesehen“
- Ursula von der Leyen: Russland befeuerte Vertrauensabstimmung